-Ich bin angekommen-
Genau zwei Wochen sind nun seit dem Tag vergangen, an dem
ich zum ersten Mal von vielen lachenden Gesichtern durch die Tür von „Personitas“,
meinem Projekt geführt worden bin. So viel ist seitdem passiert, mein Leben in
Deutschland kommt mir schon so weit weg vor, wie ein anderer Planet. Und
gleichzeitig rast die Zeit nur so vorbei. So kommt es auch, dass ich erst jetzt
meinen nächsten Blogeintrag veröffentliche. Auf und ab ging es in der ersten
Zeit: mal war alles wunderbar-mal hat man zu Hause vermisst. So viel Neues kann
manchmal auch ganz schön anstrengend sein. Da war es immer gut, eine Mitfreiwillige
zu haben mit der man quatschen konnte und sie einer Sprache mächtig ist, die
man zur Abwechslung auch mal versteht ohne sich konzentrieren zu müssen.
Doch wenn ich nun morgens in der Küche den heißen Kakao für die Kinder
zubereite und ein Pläuschen mit Carlos dem Koch halte, den ich zwar nur mehr
oder minder verstehe, es aber immer Spaß macht mit ihm zu tanzen und zu singen,
fühle ich mich jetzt schon ein bisschen zu Hause. Dieses Gefühl beschleicht
mich in den letzten Tagen immer häufiger: beim Einkauf im Dorf, beim
Einschlafen mit Hundegebell von der Straße, beim Mate trinken im Garten… Je
mehr Tage vergehen, desto mehr kann ich nun realisieren: „Ja Carla, du bist
jetzt in Argentinien und du wirst hier für ein Jahr bleiben“. Und dieser Satz,
muss ich ehrlich sagen, gefällt mir momentan ziemlich gut.
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Eine offene Tür bei Personitas |
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Kein Wunder, bei der herzlichen und gastfreundlichen Art mit der wir hier
empfangen werden. Ständig werden wir zum Essen und zum Mate trinken eingeladen
oder uns wird angeboten, uns die Umgebung zu zeigen. So haben wir schon
köstliche Pizza und Tortellini gegessen und Literweise Mate geschlürft. Über
meine Sorge, nur schwer soziale Kontakte aufbauen zu können, kann ich jetzt
schon schmunzeln. Das, was wir nicht verstehen, wird dreimal umschrieben oder
zur Not pantomimisch dargestellt. An Gastfreundschaft, guter Laune und
Verrücktheit (ein Lieblingswort der Argentinier: loco-verrückt) mangelt es hier
jedenfalls nicht!
Auch der Umgang mit den Kindern wird immer routinierter: ich verstehe sie zwar
deutlich schwerer als die Erwachsenen, doch Stückchen für Stücken bringen sie
mir Spanisch, und ich ihnen Englisch, Rechnen oder Federballspielen bei.
Langsam lernt man die kleinen „Personitas“, ihre Eigenarten, Geschichten und
Hintergründe kennen, die bisweilen sehr unter die Haut gehen. Und so wird einem
häufig ganz unverhofft durch eine schnell gelernte Vokabel, ein geschenktes
Bild oder ein wunderschönes, aus Blättern und Stöckern gebautes Häuschen, ein kleines
Lächeln ins Gesicht gezaubert.
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Der Blick in unseren wunderbaren Garten |
In unserer freien Zeit und an den Wochenenden erweitern Jana und ich nun immer
weiter unseren Radius der Erfahrungen, Orte, Gebräuche und Gewohnheiten. Am
besten lernt man hier tatsächlich aus Fehlern und Missgeschicken, die uns
leider noch andauernd passieren, wir sie aber meistens mit einem Lächeln
nehmen. Nachdem der lang ersehnte Bus eiskalt an uns vorbeigefahren ist, haben
wir gelernt, dass man den Arm ausstrecken muss, um den Bus anzuhalten (das wir
beim nächsten Mal wild mit den Armen wedelnd auf die Straße gesprungen sind,
war vielleicht etwas übertrieben, aber wir lernen ja noch). Die Läuse, die wir
uns schon eingefangen und erfolgreich bekämpft haben, lehren uns, die Haare zurückzubinden,
wenn wir mit den Kindern spielen. Nach einigen Tritten auf die Füße unserer
Mittänzer haben wir erfolgreich den Tangogrundschritt erlernt. Zum Einkaufen
gehen wir nun auch nur noch nach fünf Uhr, nachdem wir während der Siesta vor
verschlossenen Türen gewartet haben und unser Essen verschließen wir ab jetzt
auch immer gut vor den cucarachas, den Kakerlaken, die hier gottseidank viel
kleiner, als die aus Europa sind.
Vor ein paar Tagen hatte ich einen Traum, in dem ich wieder nach Deutschland
fahren musste. Was immer mir mein Unterbewusstsein damit sagen wollte, war ich
sehr, sehr froh, als ich meine Augen öffnete und noch in meinem Bett in
Argentinien lag.
So schnell will‘ ich hier nicht wieder weg!
Ganz liebe Grüße an euch alle!
ᴉBesos!
Carla